Voll-digitalisierte Webmaschinen von Picanol
von Picanol
Neuer Maßstab beim Weben mit Airjet-Maschinen
Ein bisschen Industriegeschichte vorweg: Der erste per Lochkarte programmierte mechanische Webstuhl, eine Erfindung von Joseph-Marie Jacquard, dient als Vorbild früher Rechenmaschinen. Fast schon visionär: Die für den Webstuhl bereits 1805 getrennte Hard- und Software gehört zwei Jahrhunderte später zur bestimmenden Größe im Maschinenbau.
Für seine neueste Airjet-Maschinen hat Picanol die volldigitale "shedding-motion" SmartShed eingeführt. Damit geht Picanol mit seiner neuen Webmaschine konzeptionell noch einen großen Schritt weiter und trennt mechanisch gekoppelte Bewegungsabläufe in Einzelachsen auf. Diese gilt es, schnell und exakt miteinander zu synchronisieren. Der belgische Technologieführer setzt dafür eine Servo-Lösung samt Motion Control von Lenze ein. Der Wechsel vom mechanischen zum elektronischen Verbund bringt für Picanol Projektingenieur Emmanuel Delboo vor allem den Vorteil mit sich, dass die Maschinen deutlich einfacher umzurüsten sind. Auch sind unterschiedliche Webmuster schneller einstellbar.
Lenze-Antriebe kundenindividuell angepasst
Für die Entwickler von Lenze war das SmartShed-Projekt alles andere als eine alltägliche Arbeit. Die Webmaschine bringt quasi alle wesentlichen Herausforderungen mit sich, die naturgemäß die Antriebstechnik betreffen: Leistungsdichte, Energieeffizienz, Performance, Wärmeverhalten, Kühlkonzept, Integrationsfähigkeit, Time-to-Market – um nur einige zu nennen. „Wir wollen die Vorteile der Einzelachsen gerade in puncto Rüstfähigkeit – dies aber nicht auf Kosten der Geschwindigkeit“, merkt Delboo an. Ebenfalls stand das Entwicklungsprojekt unter der Prämisse, die Kosten für die technische Ausrüstung im Griff zu behalten, um gegenüber dem internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Überspitzt zusammengefasst: Das Ziel war ein besseres Preis-Leistungsverhältnis: „Dieses ließ sich nur mit einer kundenindividuellen Anpassung unseres Portfolios erreichen“, blickt Francis Denayer, Lenze Sales Manager BeLux, verantwortlich für Picanol in Belgien, zurück.
„Gemeinsam mit Lenze konnten wir bei der Entwicklung sehr schnell
einen ersten Prototyp umsetzen.“
Emmanuel Delboo, R&D Engineer bei Picanol
„Picanol gehört zu den größten Playern im Markt und gemeinsam setzen
wir seit Jahren spannende Automatisierungsprojekte um.“
Francis Denayer, Sales Manager BeLux bei Lenze
Intelligentes Kühlkonzept
Gerade die Motoren erforderten ein spezielles Design bei der Kühlung, um ein schnelles Start-Stopp mit hohen Momenten zu ermöglichen. Delboo: „Picanol setzt dabei auf einen zentralen Ölkreislauf, der sämtliche Komponenten schmiert und zeitgleich die Kühlung übernimmt.“ Anfängliche Gedanken, einen gesonderten Wasserkreislauf zu implementieren, verwarfen die Belgier, da dafür ein zweites Versorgungssystem notwendig gewesen wäre.
Motion Control von Lenze
Spannend ebenfalls: Der platzsparende Aufbau der Antriebselektronik. Lenze versorgt und regelt die Motoren mit Servoumrichtern aus der Reihe i700 – mit Blick auf den gebotenen Anspruch an die Kompaktheit weitgehend in Gestalt von Doppelachsen. Emmanuel Delboo: „Der Schaltschrank ist in die Maschine hineindesignt, damit die OmniPlus-i airjet möglichst wenig Aufstellungsfläche benötigt. Der verfügbare Platz ist in Webereien immer Mangelware.“ Damit den Reglern angesichts der Taktzahlen von 1200 Schussfäden pro Minute nicht die Puste ausgeht, sind die i700 per Cold-Plate flüssigkeitsgekühlt – ebenfalls aus der zentralen Ölversorgung heraus. „Die Wärmeabfuhr erfolgt ohne Ventilatoren, die angesichts der hohen Faserbelastung in der Luft von Textilherstellern schnell verstopfen würden“, erklärt Francis Denayer. Je nach Größe der Maschine sind acht bis 16 Servoachsen im Einsatz. Bei der Motion Control handelt es sich vor allem um elektronische Kurvenscheiben, die vom Lenze-Controller berechnet werden.
Langjährige Partnerschaft
Während der langjährigen Zusammenarbeit haben Picanol und Lenze erfolgreich zahlreiche Projekte umgesetzt. „Für unsere High-End-Maschinen erwarten wir von unseren Technologie-Lieferanten auch High-End-Lösungen. Im Normalfall verwenden wir die Standard-Steuerungs- und Antriebstechnik von Lenze, und sind damit sehr zufrieden“, fasst Delboo zusammen und meint mit Blick auf das SmartShed Projekt: „Das war technologisch besonders anspruchsvoll. Die Lösung, die wir benötigt haben, gab es so am Markt nicht. Von daher waren die individuellen Anpassungen notwendig. Mit Lenze hat das hervorragend geklappt. Wir hatten hier eine sehr gute partnerschaftliche Zusammenarbeit, mit konstruktiven technischen Meetings und letztlich einer High-End-Lösung. Das war Picanol besonders wichtig.“